I. DAS WERTEDREIECK:

Die Grafik zeigt gut, dass die Berücksichtigung von Werten unseren Handlungsspielraum vergrößert, denn Werte und Haltungen bestimmen unser Leben und damit auch unsere Zusammenarbeit im Unternehmen. Reibungsverluste und Konfliktkosten sinken, wenn der „Arbeitsraum“ in gute Strukturen, Vertrauen ineinander und passende Visionen (Zielen)eingebettet ist.
Denn die Konfliktforschung zeigt, dass ein großer Teil der Kosten durch unklare Anweisungen, unklare Arbeitsabläufe, unklare Strukturen, Krankenstände und Kündigungen durch Mobbing etc. entstehen.
Eine essentielle Grundlage für den Erfolg Ihrer Organisation ist daher die Berücksichtigung der
Qualitäten des Wertedreiecks:
VERTRAUEN
Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen geben ihr Bestes nur dann, wenn sie in einem Umfeld arbeiten, in dem Offenheit, Respekt und die Berücksichtigung ihrer persönlichen Würde zu den Grundqualitäten gehören. Dort wo diese fehlen, werden Ressourcen des Unternehmens vergeudet. Die moderne Hirnforschung geht davon aus, dass Verbundenheit, auch im Unternehmen, eine der stärksten Motivationen für Erfolg darstellt.
STRUKTUR
Wer in seiner Kindheit mit einer strengen Ordnung gequält wurde, wird sie nicht mögen. Und dennoch ist sie für das gute Gelingen von Zusammenarbeit unerlässlich.
Nur dort, wo Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen in klaren Rollen an einem passenden Platz im Unternehmen stehen, kehrt Ruhe im System ein. Nur dort, wo klare Anweisungen den Handlungsspielraum definieren und gleichzeitig Raum für die eigene Kreativität lassen, werden MitarbeiterInnen ihre ganze Power zum Wohle des Unternehmens einsetzen können und wollen.
VISION
„Wofür lohnt es sich, dass ich mich einsetze?“ Diese Frage braucht eine Antwort und es ist klar, dass „Damit ich viel Geld verdiene!“ keine ausreichende Motivation ist. Die Passion, der Sinn der Arbeit, das gemeinsame Ziel, sind der Treibstoff für Erfolg. Ein Unternehmen, das seine MitarbeiterInnen nicht mehr motivieren kann, schadet sich selbst. Doch auch MitarbeiterInnen, die sich mit den Zielen des Unternehmens grundsätzlich nicht identifizieren können, tun sich schwer sich wohl zu fühlen und sollten sich besser neu orientieren.
Keiner der drei Werte VERTRAUEN, STRUKTUR und VISION kann für sich alleine stehen. Sie hängen
unabdingbar zusammen und sind nur gemeinsam ein starkes Team, das uns unterstützen kann. Ohne Vertrauen sinkt der Einsatz für das Unternehmen, ohne Struktur geht mit der Zeit Vertrauen verloren, weil nachvollziehbare Abläufe und klare Hierarchien einen Rahmen setzen, in dem sich die MitarbeiterInnen auskennen. Und ohne Vision fehlt uns der Treibstoff für Erfolg, weil wir wissen müssen, wofür sich unser Einsatz lohnt.
Doch wie kommen wir nachhaltig zu einem Raum der Werte, der trotz ständiger Veränderungen,
denen die meisten Unternehmen sich stellen müssen, stabil bleibt oder zumindest nach starken Veränderungsprozessen wieder stabil wird? Ein Raum, in dem Integrität und Respekt, Verantwortung, Qualität, Kundenorientierung und der Mut zu guten Entscheidungen wachsen können?
Eine Antwort darauf finden wir in den sogenannten „Systemischen Grundsätzen“, einem Leitfaden
für passende Haltungen und Handlungen, die für mehr Stabilität im System sorgen.
II. Die Systemischen Grundsätze als Leitfaden für passende Haltungen und Handlungen
Niemand hat sie erfunden. Sie sind aus der Erfahrung entstanden, dass jede Handlung in einem System andere Teile des Systems beeinflusst.
In den letzten hundert Jahren wurde – zunächst in Familien – immer mehr sichtbar, dass sich manche Ereignisse und deren Folgen so häufig wiederholen, dass daraus so etwas wie Handlungsmuster abgeleitet werden können. Später wurde entdeckt, dass es sich in Organisationen ähnlich verhält.
Die Systemischen Grundsätze sind daher kein theoretisches Konstrukt, sondern dokumentieren
Erfahrungen mit Systemen. Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd, die beiden GründerInnen der Systemischen Strukturaufstellungen, haben sie erweitert und verfeinert.
Viele Reibungsverluste im Alltag könnten vermieden werden, wenn alle Führungskräfte und MitarbeiterInnen darin geschult wären, sich an diesen Leitfaden zu halten. Eine besonders wichtige Rolle spielt dieser Zugang bei Veränderungsprozessen in einer Organisation. Die Beachtung dieser Basics können die unerwünschten Nebenerscheinungen, wie geringere Bindung an das Unternehmen, höhere Kündigungsabsichten, verringerte Arbeitszufriedenheit, negative Wahrnehmung in Bezug auf die Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der Organisation, die Zunahme von Resignation bei gleichzeitiger Abnahme des Engagements der MitarbeiterInnen, mildern.
Nützliche Empfehlungen im Sinne einer nachhaltigen Unternehmenskultur:
Wir stellen uns ehrlich den Tatsachen
(Prinzip der Nichtleugnung)
Alles, was in einem Unternehmen nicht „berührt“ werden darf, obwohl es relevant wäre, findet
meist informelle Wege, um dennoch an die Oberfläche zu gelangen.
Ein Beispiel: Wenn jemand gemobbt wird, ohne dass es thematisiert wird, besteht die Möglichkeit,
dass die Person, die diesen Arbeitsplatz später besetzt, in ähnliche Schwierigkeiten gerät, so als ob das Unternehmen ein „Gedächtnis“ hätte. Auch lange Phasen der Unsicherheit bei Restrukturierungen und mangelnde Information lassen das Engagement der MitarbeiterInnen drastisch sinken. Alles, was wir zu leugnen versuchen, weil es unangenehm ist, schafft durch die unterbrochene Verbindung Distanz zwischen den MitarbeiterInnen.
Wir klären, wer dazu gehört
(Recht auf Zugehörigkeit)
Jedes System braucht klare äußere Grenzen, wenn es gut funktionieren soll. GründerInnen eines Unternehmens gehören immer dazu, weil ihnen das System seine Existenz verdankt. Doch auch die Zugehörigkeit zu einem Team, einer Abteilung, einem Projekt, sollte gut kommuniziert werden. Unklarheit führt dazu, dass sich MitarbeiterInnen mit der Verteidigung von Grenzen oder dem Bemühen, Grenzen zu ziehen, beschäftigen und ihre Produktivität darunter
leidet. Auch im projektbezogenen Arbeiten braucht es diese Rollenklarheit. Doch auch Werte können sich
in einer Strukturaufstellung „beleidigt zeigen“, wenn man ihnen das Recht auf Zugehörigkeit verweigert. In diesem Sinne ist es bei Merger & Akquisition besonders hilfreich, wenn die unterschiedlichen Kulturkreise, aus denen MitarbeiterInnen kommen, berücksichtigt werden.
Die Frage: „Was ist gut, was soll so bleiben?“, hilft dabei wichtige Kulturmerkmale zu berücksichtigen.
Wir schätzen Erfahrung durch langjährige Zugehörigkeit
(Anerkennung der zeitlichen Reihenfolge)
Selbst wenn sich Hierarchien verändern, die zeitliche Zugehörigkeit und, damit verbunden, die
lange Erfahrung im Unternehmen sollten ein berücksichtigter Wert sein. Der Satz: „Du bist länger
im Unternehmen als ich und ich möchte von Deiner Erfahrung lernen“, kann Türen öffnen. Widerstand taucht meist dann auf, wenn in einem wachsenden Unternehmen für die „alten“ MitarbeiterInnen Nachteile entstehen. Dort wo langjährige Erfahrung nicht gewürdigt wird, sinkt die Loyalität der MitarbeiterInnen. Die Vorstellung, dass es keinen Unterschied machen soll,
ob jemand zwanzig oder zwei Jahre lang dem Unternehmen treu verbunden ist, führt häufig auch
zur inneren Kündigung von MitarbeiterInnen. Die Konfliktkosten, weil Potenzial durch mangelnde
Würdigung von Erfahrung nicht mehr voll eingesetzt wird, sind enorm.
Die Ausnahme: Wenn ein Unternehmen ein „Tochterunternehmen“ gründet, z.B. eine neue
Zweigstelle, darf das jüngste Systemmitglied für eine Weile durchaus den ersten Platz einnehmen.
Dies gilt jedoch nur solange, bis sich Stabilität einstellt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die zeitliche Reihenfolge bei Merger & Akquisition. Hier sollten immer beide Erfahrungswerte berücksichtigt werden. MitarbeiterInnen, die „unfreiwillig“ vom Unternehmen B zum Unternehmen A kommen und dort „neu“ sind, obwohl sie in ihrem ursprünglichen Unternehmen jahrzehntelange Erfahrung haben, brauchen eine besondere Einbeziehung.
Wir leben Hierarchien wertschätzend und klar
(Anerkennung von höheren Leistungen für das Ganze)
Unternehmen, die unklare hierarchische Strukturen haben, finden sich nach einiger Zeit meist mit Problemen aller Art konfrontiert. MitarbeiterInnen suchen sich selbst ihren Platz und überschreiten dabei häufig (unbewusst) Kompetenzen, Führungskräfte nehmen ihre Verantwortung nicht wahr und werden z.B. von der nächsten Hierarchieebene „überholt“. Oft bilden sich im System sogenannte „implizite“ Hierarchien: Es wird heimlich geführt, obwohl es keinen offiziellen
Auftrag dafür gibt. Auch Tätigkeitsprofile, die hierarchieübergreifend definiert sind, können zu
Spannungen führen: Ein Geschäftsführer, der gleichzeitig auf der nächsten Hierarchieebene z.B.
Vertriebsleiter ist, findet dort möglicherweise keine ehrlichen AnsprechpartnerInnen, weil die Angst vor Konsequenzen den offenen Dialog verhindert.
Wir fördern Fähigkeiten und Potenziale von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
(Anerkennung von höheren Leistungen und Fähigkeiten)
Ein Unternehmen, das konkurrenzfähig bleiben möchte, tut gut daran seine MitarbeiterInnen in ihren Fähigkeiten zu fördern und besondere Leistungen anzuerkennen. Speziell in Zeiten der Veränderung, wenn von den MitarbeiterInnen noch mehr verlangt wird, sind besondere Fähigkeiten gefragt und Mehrleistung aus freien Stücken erwünscht.
Wir sorgen für eine gute Balance zwischen Geben und Nehmen
Diesem Thema sollte ein Unternehmen ausreichend Raum widmen, denn dort, wo Ausgleich dauerhaft fehlt, entstehen häufig Unmut und Überforderung. Wer ständig gibt und nichts zurückbekommt, wird seine Motivation verlieren. Wer ständig ohne Ausgleich nimmt, gerät in eine „Schuld“, hier im wirtschaftlichen und nicht im moralischen Sinn gemeint. Die (häufig unbewusste)
Belastung, die dadurch entsteht, kann zu starken Spannungen führen und das Betriebsklima vergiften.
Als Stichworte für einen gelingenden Ausgleich seien einige günstige Handlungsweisen genannt:
Die Systemischen Ausgleichsprinzipien nach Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd:
- Gute Leistungen sollten anerkannt werden.
(Der Ausgleich im Guten sollte ein vermehrter sein.) - Eine fehlerfreundliche Unternehmenskultur fördert engagierte und kreative MitarbeiterInnen.
(Der Ausgleich im Üblen sollte ein verminderter sein.) - Kleinliches Aufrechnen kann trennend wirken.
(Ein allzu exakter Ausgleich sollte vermieden werden.) - Wer einen Fehler macht, sollte darauf aufmerksam gemacht werden.
(Der Schuldner hat ein Recht auf Mahnung.) - Wer zu unangenehmen Ereignissen oder Handlungen schweigt, macht sich mitschuldig, z.B. am schlechten Betriebsklima.
(Der Gläubiger wird schuldig am Schuldner, wenn er ihm die Mahnung verweigert.) - Dort, wo die Bereitschaft zur Wiedergutmachung da ist, sollte man sich erkundigen, was als Ausgleich gewünscht wird.
(Der Ausgleich des Schuldners muss in der „Währung“ des Gläubigers erfolgen.) - Dort, wo der Ausgleich nur pro forma angeboten wird und die innere Haltung dazu nicht spürbar wird, verfehlt er seine Wirkung.
(Der eigentliche Ausgleich liegt in der Anerkennung der Ausgleichsverpflichtung.)